Die Koalitionsverhandlungen von FPÖ und ÖVP wurden am Mittwoch abgebrochen. FPÖ-Chef Herbert Kickl informierte Bundespräsident Alexander Van der Bellen über den Abbruch der Gespräche und legte den Auftrag zur Regierungsbildung zurück, wie seine Partei mitteilte. Bei einer Einigung wäre mit Kickl erstmals ein Kanzler aus den Reihen der Freicheitlichen ins Kanzleramt eingezogen. 

Obwohl die FPÖ der ÖVP in vielen Punkten entgegengekommen sei, „waren die Verhandlungen zu unserem Bedauern letztlich nicht von Erfolg gekrönt“, hieß es in einem Schreiben Kickls an das Staatsoberhaupt. Die Parteien sind aber auch in Grundsatzfragen kaum vorangekommen und der Ton in den öffentlichen Stellungnahmen beider Seiten hat sich zuletzt verschärft.

In den letzten Tagen hatte es starke Differenzen vor allem über die Ressortverteilung in einer neuen Bundesregierung gegeben, die ÖVP hatte außerdem gegenüber FPÖ einige rote Linien gezogen. Das führte bis Dienstag zu Spekulationen, dass die Gespräche vor dem Aus stünden. Van der Bellen machte am Vortag noch Druck auf beide Parteichefs, Verhandlungen „so schnell wie möglich“ abzuschließen.

Eines der wichtigsten Streitpunkte war das Innenministerium, das beide Parteien für sich beanspruchten. Zuletzt schlug die ÖVP vor, die Themen Migration und Asyl in ein eigenes FPÖ-geführtes Ministerium auszulagern. Doch dies wies die FPÖ zurück. Im Innenministerium seien die „Kernkompetenzen“ seiner Partei in den Bereichen Sicherheit und Asyl angesiedelt, argumentierte Kickl in sozialen Medien, der selbst in der Kaolitionsregierung mit SPÖ in den Jahren 2017 bis 2019 den Posten des Innenministers innehatte. Die FPÖ hatte der ÖVP im Gegenzug wichtige Agenden wie Außenpolitik, Wirtschaft, Infrastruktur und Verteidigung angeboten. 

Am 6. Januar hat der Bundespräsident den FPÖ-Cher Herbert Kickl mit der Regierungsbildung beauftragt. Die FPÖ hatte die Parlamentswahl im September zwar klar gewonnen, war aber angesichts des Unwillens der anderen Parteien, mit der als „rechtspopulistisch“ oder gar „rechtsextrem“ verschmähte Partei zusammenzuarbeiten, bei Koalitionsgesprächen zunächst übergangen worden. 

Nach dem Scheitern der Koalitionsgespräche sind Neuwahlen eine mögliche Variante. Die sozialdemokratische SPÖ und die liberalen Neos hatten allerdings zuletzt massiv für einen zweiten Anlauf von Dreier-Koalitions-Gesprächen mit der ÖVP geworben, nachdem Verhandlungen dieser Mitte-Parteien im Januar gescheitert waren. Als Alternative zu Neuwahlen wäre auch die Einsetzung einer Experten- oder Übergangsregierung durch Bundespräsident Van der Bellen denkbar.

Sollten in Österreich die Neuwahlen stattfinden, würde vor allem die FPÖ davon profitieren. Eine aktuelle Lazarsfeld-Umfrage zeigte, dass die FPÖ mit 34 Prozent klar in Führung liegt. Die SPÖ bleibt mit 22 Prozent auf dem zweiten Platz, während die ÖVP mit 19 Prozent weiterhin unter der 20-Prozent-Marke verharrt.

FPÖ setzt nach wie vor auf EU-kritischen Kurs und fordert ein Ende der Sanktionen gegen Russland – eine rote Linie für die ÖVP. ÖVP-Politiker Wolfgang Hattmannsdorfer unterstreicht die Notwendigkeit einer „West- statt Ostausrichtung“ und warnt, dass Österreich als Exportnation eine klare „proeuropäische und internationale Ausrichtung“ benötige. 

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