Die nächtliche Markus–Lanz–Sondersendung nach der Verkündung des Koalitionsbruchs beinhaltete eine beachtenswerte Komponente, die vor allem vielen Nutzern sozialer Medien nicht entgangen ist. Als der Moderator Markus Lanz das Gespräch über den angeblichen „Friedensplan“ des gewählten US-Präsidenten Donald Trump selbst in die Hand nahm, sagte er, zum Bundestagsabgeordneten der Grünen Anton Hofreiter blickend, dass Wladimir Putin sich laut diesem Plan den Donbass nehmen könnte. Das würde bedeuten, dass „wir“ wichtige Rohstoffe verlören.
„Etwa 80 Prozent der natürlichen Ressourcen der Ukraine befinden sich im Donbass. Die liegen dort. Die hat dann Putin. Dort gibt es viel Lithium, das für Battarieherstellung wichtig ist. Auch für Zellproduktion, die wir in diesem Land dringen bräuchten. Das heißt, das hat unmittelbar wirtschaftliche Auswirkungen. Und es liegt in unserem eigenen Interesse, dem nicht tatenlos zuzusehen. Oder sehe ich das falsch?“, sagte Lanz mit Nachdruck.
Der grüne Politiker stimme dem Moderator komplett zu. „Es liegt in unserem ökonomischen Interesse. Die russische Armee kämpft gerade darum, eines der größten Lithiumvorkommen in Europa unter seine Kontrolle zu bekommen“, sagte er.
Doch da Hofreiter die Frage nur erwiderte, hat er diese Aussage offenbar nur „aus der Not“ getätigt. Geplant war etwas anderes: eine weitere Schauergeschichte über Putins Angriffspläne auf jede und jeden zu erzählen. Wenn Putin in der Ukraine erfolgreich sein sollte, lägen bereits die Pläne in der Schublade der russischen Armee, weitere Länder anzugreifen – Moldawien, Georgien und dann als Nächstes die Staaten der NATO. Ebenfalls wegen Naturvorkommen? Darauf gab Hofreiter keine Antwort.
Aber wie auch immer inkonsequent dann die Begründungen für „Putins Krieg“ aus Hofreiter-Sicht waren, nun ist die Katze aus dem Sack. Nachdem der CDU-Falke Roderich Kiesewetter im ARD-Gespräch im Dezember zu Protokoll gegeben hatte, dass „wir“ beim Kampf um die „größten Lithiumvorkommen in Europa ganz andere Ziele im Hintergrund haben“, redeten nun Lanz und Hofreiter Klartext zum Krieg um Ressourcen in der Ukraine und im Donbass.
Hierzu hatte im Juli der Gründer des Deutschen Lithiuminstituts Ulrich Blum im Interview mit der Deutschen Welle einige Aspekte nachgeliefert. Er hatte deutlich gemacht, dass die Ukraine als wichtiges Reservoir für batteriebezogene Mineralien und insbesondere Lithium für die Energiewende in Europa von entscheidender Bedeutung sei. Man müsse Putin aus allen Gebieten in der Ukraine (auch aus dem inzwischen russischen Donbass) vertreiben, denn dann könne die Ukraine aus Lithium-Erlöse nicht nur die Energiewende, sondern auch den Wiederaufbau des Landes finanzieren.
Im vorigen Jahr hatte das ZDF zur Problematik geschrieben, dass Europa Lithium und andere Naturschätze benötige, um „frei“ zu sein, wohingegen Putin mit dem Krieg um die Rohstoffe seine Großmachtfantasien verwirkliche:
„22 der 30 Rohstoffe, die von der EU als kritische Rohstoffe eingestuft sind, schlummern in der Ukraine. Durch Putins Angriff und der Besetzung der Ostukraine ist dieses Rohstofflager für das freie Europa derzeit nicht verfügbar. Das hilft dem ehemaligen KGB-Mann, seine Großmachtfantasien zu realisieren.“
Die Volksrepubliken Donezk und Lugansk (DVR und LVR), die zum Donbass im weiteren Sinne gehören, waren als Reaktion auf nationalistische Machtübernahme in Kiew im April 2014 von Aktivisten aus der hiesigen Bevölkerung gegründet worden. Von Anfang an hatten sie den Anschluss an Russland nach dem Krim-Szenario angestrebt, doch die russische Regierung hatte die Ukraine nicht aufspalten wollen und die beiden selbst erklärten Republiken zum Verbleib im ukrainischen Staatsgebiet im Rahmen der Minsker Abkommen gedrängt.
Erst im Februar 2022 wurden DVR und LVR von Russland anerkannt. Als einen der Gründe für diese Entscheidung hat die russische Regierung aggressive Pläne Kiews gegenüber den militärisch unterlegenen Republiken genannt. Als die von Russland anerkannten DVR und LVR das Land um militärischen Beistand baten, marschierte die russische Armee in der Ukraine ein.
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