Die BRICS-Gruppe umfasst derzeit neun Länder (Ägypten Äthiopien, Brasilien, China, Indien, Iran, Russland, Südafrika, Vereinigte Arabische Emirate), die etwa 35 Prozent des Welt-BIP kaufkraftbereinigt repräsentieren.

Gipfeltreffen in Kasan mit insgesamt 40 Ländervertreter

Von FRANZ FERDINAND | Derzeit gibt es zwölf weitere Länder (Kuba, Bolivien, Thailand, Vietnam, Malaysia, Indonesien, Weißrussland, Türkei, Algerien, Nigeria, Kasachstan, Usbekistan), die eine Mitgliedschaft anstreben. Bei dem Gipfeltreffen in Kasan waren insgesamt 40 Ländervertreter anwesend. Außer den Staatschefs der ursprünglichen fünf BRICS-Staaten waren auch der iranische Präsident Masoud Pezeshkian, der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und der ägyptische Präsident Abdel Fattah al-Sisi und der UN-Generalsekretär António Guterres anwesend. Alleine diese Liste bezeugt die Wichtigkeit dieses Gipfels.

Ziel der BRICS-Gruppe ist eine multipolare Weltordnung. Nicht alle BRICS-Länder sind per se antiwestlich eingestellt, jedoch etablierte sich die BRICS-Gruppe ohne westliche Beteiligung. Es handelt sich also nicht um eine ideologische „Wertegemeinschaft“, wie der Werte-Westen, sondern um eine reine eine Wirtschaftsgemeinschaft. Die unmittelbaren Zielsetzungen der BRICS-Gruppe sind natürlich gegen westliche Interessen gerichtet. War der Werte-Westen ursprünglich der Erfinder des Globalismus, so steht er jetzt außerhalb einer völlig neuen Entwicklung globaler Zusammenarbeit.

Zielsetzungen der BRICS-Gruppe

Da ist einmal die Beseitigung der Dollarhegemonie. Dies ist eine glatte Kriegserklärung gegen die USA. Die Dollarhegemonie wurde 1944 in Bretton Woods der Welt aufoktroyiert und bescherte der USA seither ungeheure Vorteile. Die USA kann sich bis dato ein jährliches Außenhandelsdefizit von etwa einer Billion Dollar leisten. Sie kauft praktisch reale Waren im Wert von einer Billion Dollar für frisch gedrucktes Geld, oder praktischer Weise für Zahlen, die einfach in einen Computer eingetippt wurden. Es handelt sich um eine Art Tribut an den Hegemonen!

Klar, dass die Weltgemeinschaft diesen Unfug abstellen möchte. Dieses jährliche Handelsbilanzdefizit der USA entspricht in etwa den amerikanischen Rüstungsausgaben. Bisher kauften Länder mit einem Handelsbilanzüberschuss wie z.B. China für ihre überschüssigen Dollars amerikanische Staatsanleihen, womit das gewaltige öffentliche Defizit der USA finanziert und somit das amerikanische Finanzsystem überhaupt erst am Leben gehalten wurde! Damit ist jetzt Schluss!

Die amerikanische Federal Reserve Bank müsste daher laufend die Zinsen erhöhen, um doch noch Gläubiger zu finden, was die Wirtschaft zwangsweise ruinieren würde. Gleiches gilt dann natürlich auch für die EU. Findet die amerikanische Regierung keine internationalen Gläubiger mehr, bleibt nur noch die amerikanische Notenbank über, die die Schuldscheine („Treasuries“) für frisch gedrucktes Geld aufkaufen. Somit ist die Finanzgebarung der USA gleich der irgendeiner Bananenrepublik und wird sehr bald in der Hyperinflation und damit zum Währungszusammenbruch führen. Deshalb hat die FED aktuell sogar die Zinsen um 50 Basispunkte gesenkt, da es sowieso keine Gläubiger für amerikanische Schulden mehr gibt. Das amerikanische Empire ist damit definitiv passé!

Derzeit investieren die BRICS-Länder ihre Handelsbilanzüberschüsse von bis zu 3 Billionen Dollar statt in US-Anleihen in Gold, was den unerhörten Anstieg des Goldpreises in den letzten Monaten erklärt. Vielfach wird vermutet, dass diese Goldkäufe im Zusammenhang mit einer geplanten goldgedeckten BRICS-Handelswährung stehen. Allerdings standen solche Pläne derzeit nicht auf der Tagesordnung in Kasan. Die Steigerung des Gold- und Silberpreises könnte aber auch eine Art Finanzkrieg gegen westliche Banken sein, die traditionell die Edelmetallpreise durch Leerverkäufe nach unten manipulierten. Steigt jetzt der Gold- und Silberpreis, so könnten westliche Banken, die an derartigen Manipulationen beteiligt waren, gezwungen sein, ihre Short-Positionen bei Gold und Silber mit gigantischen Verlusten zu decken und so solche Banken in die Bredouille zu bringen.

Überschüssiges Geld könnten die BRICS-Länder auch in andere Rohstoffe stopfen, was deren Preise erhöht!

Da der Werte-Westen den Dollar und das SWIFT-Zahlungssystem gegenüber unbotmäßigen Regierungen als Waffe eingesetzt hat, besteht jetzt der Bedarf nach einem alternativen Zahlungssystem. Dieses neue Zahlungssystem (BRICS-Pay) gibt es bereits und wird derzeit weltweit von 159 Banken unterstützt. Ziel von BRICS-Pay ist es aber nicht nur den Dollar und SWIFT zu umgehen, sondern auch den Handel in lokalen Währungen zu ermöglichen. Dies führt schon jetzt beispielsweise dazu, dass der Werte-Westen partiell vom globalen Agrarmarkt ausgeschlossen wird. Es kommt jetzt plötzlich nicht nur auf den Preis einer Kommodität an, sondern auch auf die Währung, in der man diese beziehen kann.

Präsident Wladimir Putin schlug auf dem Gipfel vor, dass die BRICS-Länder, die zu den weltweit größten Produzenten von Getreide, Hülsenfrüchten und Ölsaaten gehören, eine Getreidebörse einrichten sollen und sie möglicherweise auf den Handel mit anderen wichtigen Rohstoffen ausweiten könnten. Damit sollen die nationalen Wirtschaften unterstützt und finanzielle Ressourcen für die Länder des Globalen Südens und Ostens bereitgestellt werden.

Die BRICS-Länder begrüßten Russlands Plan für eine Getreidebörse in ihrem Kommuniqué auf dem Gipfel und unterstützten Vorschläge, die Börse später weiterzuentwickeln und auf andere Rohstoffe oder Energie auszuweiten. Eine derartige Börse für Agrarprodukte, Rohstoffe und Energie könnte dazu führen, dass diese Produkte eben nur in den jeweiligen Landeswährungen, oder in Gold gekauft werden könnten.

Insgesamt dominieren die BRICS-Länder schon jetzt die Rohstoff- und Energiemärkte und der Werte-Westen kommt an den BRICS-Ländern nicht mehr vorbei.

Obwohl die BRICS-Gruppe keine militärischen Ambitionen hat, zeigt sich doch ein gewisser Sinn für Geopolitik. Es ist wohl kein Zufall, dass die BRICS-Gruppe schon jetzt die wichtigsten Meerengen auf diesem Planeten kontrolliert (Bab el Mandeb, Straße von Malakka, Straße von Hormus, Bosporus, Suez-Kanal). Auch die Anwartschaft von Kuba hat wohl wenig mit der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit dieser Insel zu tun!

Auch gibt es Bestrebungen, das kollektive Gewicht der BRICS-Gruppe in bestehende internationale Gremien wie UNO, IWF und Weltbank zu erhöhen. Die Alternative wäre, aus diesen Gremien überhaupt auszutreten!

Es lauft also auf allen Ebenen auf eine Entmachtung des Werte-Westens in sämtlichen internationalen Belangen hinaus.

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Hier weitere Beiträge von unserer Redaktion ‘Zeitgeschichte und Globalpolitik‘ zu Kasan:
(bitte den jeweiligen Artikel anklicken)

Wladimir Putin – Pressekonferenz zu den Ergebnissen des XVI. BRICS-Gipfels (Teil I)

Teil II: Putin beantwortet Journalistenfragen zum Ende des XVI. BRICS-Gipfels in Kasan

BRICS-Gipfel in Kazan bedeutender als die US-Wahlen im November

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