Von MEINRAD MÜLLER | Und es begab sich zu jener Zeit und in jener Stadt Hamburg, wo schon Kaiser Olaf der Kurze zeitweilig regierte, dass ein Stern am Horizont erschien, in Gestalt einer Frau von zarter Statur und güldenem Haar: Alice Weidel. So ward sie geladen, ins altehrwürdige Rathaus zu Hamburg, um ihre Botschaft zu verkünden (Video oben). Es war ein volles Haus, allesamt andächtig versammelt wie zu einer Wagner-Oper. Und siehe, man rühmte weithin diese Zusammenkunft; wer nicht mehr ins Gemäuer passte, lauschte wie 340.000 andere, am Bildschirm mit.
Denn eine Schar von 16.000, welche die neue Prophetin nicht willkommen heißen wollten, zog mit Bannern und lautem Geschrei vors Rathaus. Doch so groß der Unmut auf den Straßen auch war, so stand Weidel die Bühne im Festsaal frei, da man ihr Gastrecht im Hause des Bürgermeisters nicht verwehren konnte.
Luxushotel mit Benehmen wie im Schafstall
Doch nicht überall in dieser sich weltoffen wähnenden Stadt gab es Platz für weise Frau mit profunden Weissagungen. Ein Hotel, weithin als erste Adresse gerühmt, versagte Weidel das weiche Ruhekissen, obschon eine bestätigte Reservierung vorlag. Hamburgs gepriesene Weltoffenheit fand hier offenbar ihre Grenze: Ausgerechnet das Luxushotel „Louis C. Jacob“ stornierte die Buchung, sobald bekannt wurde, wen es aufzunehmen galt. Alice musste sich stattdessen in einem Flughafen-Hotel einquartieren.
Nach ihrer Rede, die wegen hoher Polizeipräsenz und Demonstrationen verspätet begann, kritisierte Weidel die Protestierenden: Sie verglich die Kundgebungen mit „Schlägerbanden“ deutscher Vergangenheit. Gleichzeitig warf sie Hamburgs Erstem Bürgermeister vor, eine Stimmung gegen Andersdenkende zu befördern. Rund 1500 Polizisten sperrten den Rathausbereich, Wasserwerfer standen bereit. Kurz vor Beginn durchsuchte ein Sprengstoff-Spürhund den Saal.
Das Vorgehen des Hotels ein Skandal. In jedem Fall zeigt dieses Ereignis, wie angespannt das politische Klima ist. Demonstranten blockieren Stadtteile, während Unternehmen sich von manchen Akteuren distanzieren. Die Grenzen zwischen bürgerlichem Protest, symbolträchtigen Aktionen und Ausgrenzung verschwimmen. Am Ende könnte jeder, der als „falsch“ gilt, in einer weltoffenen Stadt wie Hamburg „kein Zimmer in der Herberge“ mehr finden.
Künftige Gäste werden sich wohl dreimal überlegen, das Luxushotel „Louis C. Jacob“ zu buchen. Dort sitzen die politischen Rassisten im Direktionszimmer.
Meinrad Müller (70), Unternehmer im Ruhestand, kommentiert mit einem zwinkernden Auge Themen der Innen-, Wirtschafts- und Außenpolitik für diverse Blogs in Deutschland. Der gebürtige Bayer greift vor allem Themen auf, die in der Mainstreampresse nicht erwähnt werden. Seine humorvollen und satirischen Taschenbücher sind auf Amazon zu finden. Müllers bisherige Beiträge auf PI-NEWS gibt es hier, seinen Ratgeber für Hobbyautoren hier.
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