Bundeskanzler Olaf Scholz wird für seinen Anruf an den russischen Präsidenten Wladimir Putin am vergangenen Freitag erneut kritisiert. Der polnische Präsident Andrzej Duda hat Scholz vorgeworfen, den designierten US-Präsidenten Donald Trump aus den Gesprächen über die Zukunft der Ukraine ausschließen zu wollen, um die Beziehungen zwischen Berlin und Moskau wiederzubeleben. Dies erklärte Duda bei einem Interview mit der Nachrichtenagentur Bloomberg in Warschau.
Laut Scholz hatte er Putin in dem Telefonat dazu aufgerufen, den „Angriffskrieg gegen die Ukraine zu beenden und seine Truppen zurückzuziehen“. Moskau müsse Verhandlungen mit Kiew über einen „gerechten und dauerhaften“ Frieden führen. Duda, der noch seit Trumps erster Amtszeit enge Beziehungen zu ihm gepflegt hat, behauptet allerdings, Scholz habe mit seiner Telefondiplomatie einen anderen Zweck verfolgt. „Ich glaube, dass dies ein Versuch war, einen Waffenstillstand in der Ukraine zu erreichen, bevor Donald Trump sein Amt angetreten hat“, so Duda.
Duda hat Scholz auch wegen dessen Entscheidung kritisiert, den US-Präsidenten Joe Biden zu Gesprächen über die Zukunft der Ukraine mit den Staats- und Regierungschefs Frankreichs und Großbritanniens im vergangenen Monat nach Berlin einzuladen. Duda sagte, er sei schockiert, dass der ukrainische Präsident Wladimir Selenskij keinen Platz am Verhandlungstisch bekommen habe.
Trumps Rückkehr ins Weiße Haus im Januar werde für große geopolitische Umwälzungen sorgen, so Bloomberg. Die Äußerungen des polnischen Präsidenten seien die jüngsten Beweise dafür, dass Kiews Verbündete im Vorfeld der grundlegenden Veränderungen bereits um ihre Positionen kämpften, um „aus dem Spiel nicht verdrängt zu werden“.
Laut Duda sei Scholz beunruhigt, dass man ihn nach Trumps Amtsantritt zu ungünstigen Verträgen mit Washington drängen könnte. „Die größte Angst der Deutschen ist, dass Donald Trump sie zwingt, Gas aus den USA zu kaufen“, erklärte Duda gegenüber Bloomberg.
Die Agentur weist darauf hin, dass Duda und Trump gute Beziehungen pflegten und während des Treffens in New York im April über den Ukraine-Krieg gesprochen hätten. Bei einem Telefonat am 11. November hätten die beiden Politiker vereinbart, sich noch vor Trumps Amtseinführung zu treffen. Laut Duda habe er den designierten US-Präsidenten während des Gesprächs gewarnt, dass Deutschland und andere Verbündete versuchten, „ihm die Hände zu binden“.
Die Spekulationen, dass Trump die Hilfe für die Ukraine drastisch kürzen würde, bezeichnete Duda als „lächerlich“ und verwies auf die Militärhilfe, die Trump während seiner ersten Amtszeit gewährt hatte. „Ich bin überzeugt, dass er, was den Krieg in der Ukraine betrifft, Daten und Informationen sammelt“, sagte Duda gegenüber Bloomberg. „Im Moment sammelt er diese Informationen ständig auf eine sehr wachsame Weise“.
Seinen Plan bezüglich des Ukraine-Krieges habe Trump bei dem Telefonat nicht enthüllt, habe aber Duda zu seinen Ansichten und den Positionen anderer europäischer Politiker befragt.
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