Die Lieferung der US-Tomahawk-Raketen an die Ukraine könnte Monate dauern und sie werden wahrscheinlich ihre Abschussrampen nie verlassen. Das heißt allerdings nicht, dass sie keine Auswirkungen auf Moskau haben werden.
Die Raketen sollen zu dem Zweck eingesetzt werden, um den Druck auf Putin schrittweise zu erhöhen, erklärte Kiews Sicherheitschef „vollmundig“.
Vereinbarung mit USA
Zu diesem Schluss kommt einer der führenden Sicherheitsexperten des Landes. Seine Analyse legt dar, wie die Vereinbarung mit Washington aussehen könnte und wie die tödlichen Waffen eingesetzt werden könnten. Oder eben nicht.
Dieser Tage hatte Donald Trump seinen bisher deutlichsten Hinweis darauf gegeben, dass er sich auf die Lieferung der Waffen an Kiew vorbereitet, wie auch telegraph berichtet hatte. Er habe „sozusagen eine Entscheidung getroffen“, erklärte er in seiner einzigartig undurchsichtigen Art. Er fügte hinzu, er wolle zunächst wissen, was die Ukraine mit ihnen vorhabe, aus Angst, die Langstreckenraketen würden eine Eskalation bedeuten.
Die Raketen können allerdings den „umkämpften“ ukrainischen Streitkräften nicht schnell genug kommen.
Massive russische Angriffe zielten bereits Anfang Oktober darauf ab, das ukrainische Energienetz lahmzulegen. Angesichts des bevorstehenden Winters verleihen die Angriffe den Gesprächen über Militärhilfe Dringlichkeit, aus der immer auswegloseren Sicht der Ukraine.
Enorme Reichweite der Raketen
Die Reichweite der Tomahawks von 2570 Kilometern und deren Fähigkeit, Atomsprengköpfe zu tragen, erschweren die Lage jedoch gewaltig. Die russische Hauptstadt Moskau rückt dadurch in Reichweite, und der russische Präsident Wladimir Putin hat Trump gewarnt, dass diese Angriffe die verbleibenden Beziehungen zu Washington zerstören könnten.
Vor diesem Hintergrund legte Jehor Tschernjew, stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für nationale Sicherheit, Verteidigung und Geheimdienste des ukrainischen Parlaments, dar, wie die Waffen eingesetzt werden könnten. Er sieht eine Reihe von Möglichkeiten oder Phasen vor, von einem Sinneswandel Trumps und einem vollständigen Verzicht auf die Lieferung oder einer Genehmigung des Exports, aber nicht deren Einsatz bis hin zu einer zunehmenden Reichweite und Zielgenauigkeit.
„In jeder dieser Phasen erhält Putin die Möglichkeit, sich zurückzuziehen und Verhandlungen aufzunehmen. Daher werden die Lieferung und der Einsatz von Raketen höchstwahrscheinlich sehr schrittweise erfolgen“, schrieb er. Und weiter:
„Zuerst werden sie uns Raketen geben, aber nur wenige oder ein paar Dutzend, aber sie werden uns nicht erlauben, sie sofort abzufeuern, und wir werden die Reaktion des Kremls abwarten.“
Falls keine Reaktion erfolgt, wird der Spielraum erweitert, was Angriffe auf die russische Grenze ermöglicht. Mit jedem Schritt kann der Druck erhöht werden.
„Und schließlich werden erst nach einiger Zeit alle Beschränkungen aufgehoben, außer vielleicht Angriffe auf den Kreml und direkt auf Putin“, so Tschernjew weiter.
„Dieses ganze Epos könnte mindestens ein paar Monate dauern. Aber es herrscht bereits jetzt echter Druck und ein echter Streit.“
Spiel „auf Zeit“
Das gehe vielleicht nicht so schnell, wie sich viele Ukrainer wünschen, sagt Herr Cherniev, aber der Druck auf Putin steige rapide. Ihre Macht als Druckmittel sei offensichtlich, noch bevor sie die Streitkräfte des Landes mit ihrer gesamten tatsächlichen Feuerkraft verstärken.
In der Zwischenzeit wartet Moskau scheinbar ab, was als Nächstes passiert. Dmitri Peskow, der Sprecher des Kremls, erklärte, die öffentliche Diskussion sei ganz anders verlaufen als unter der Biden-Regierung, wo Details erst nach der Waffenlieferung bekannt geworden waren.
„Wir verstehen, dass wir wahrscheinlich auf klarere Aussagen warten müssen, falls es welche gibt“, erklärte er und fügte hinzu, die Raketen stellten „eine ernsthafte Eskalationsrunde“ dar.
Ein Beamter des Weißen Hauses meinte, man habe zu den Plänen zur Lieferung von Tomahawk-Raketen nichts hinzuzufügen, außer dem, was der Präsident am 6. Oktober gesagt habe. Die ukrainische Botschaft in Washington reagierte allerdings nicht auf eine Bitte um Stellungnahme.
Herr Cherniev äußerte zwar seine persönliche Meinung, aber auf Grund seiner Rolle im Bereich der nationalen Sicherheit gehört er zu einer kleinen Gruppe von Parlamentariern, die bestens über Waffen und die nächsten Schritte informiert sind.
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