Wer herrscht in Großbritannien? Das Land gerät immer mehr in den Fokus. Erst Anfang September machte Moskau einen Elite-Taucher aus Großbritannien für die Nord-Stream-Sabotage verantwortlich. Im August hatte die Trump-Regierung die Bündnispartner der „Five Eyes“-Geheimdienstallianz von US-amerikanischen Informationen über den Dialog zwischen Russland und den USA über die Friedensverhandlungen zum Ukraine-Krieg ausgeschlossen, darunter auch Großbritannien.

Am kommenden Dienstagabend wird US-Präsident Donald Trump zu einem mehrtägigen Staatsbesuch in Großbritannien eintreffen. Dabei wird er sich zuerst mit der britischen Königsfamilie treffen. Wie der Nachrichtensender n-tv am Samstag berichtete, werde das US-Präsidentenpaar am Mittwoch Schloss Windsor besuchen, wo es von Prinz William und Herzogin Kate empfangen werde und sich anschließend mit König Charles III. treffe.

Gemäß einem vom Königshaus veröffentlichen Programm ist für den Staatsbesuch kein öffentlicher Auftritt vorgesehen. Es handele sich um eine Vorsichtsmaßnahme, weil man sich vor erwarteten Massenproteste fürchte, gab n-tv die Begründung wieder. Für kommenden Mittwoch habe eine breite Koalition verschiedener Organisationen zu einer Demonstration unter dem Motto „Trump Not Welcome“ (Trump nicht willkommen) in London aufgerufen.

In einem Bericht vom Freitag stellt Reuters ausführlich dar, warum sich der US-Präsident mit der britischen Königsfamilie trifft. Die Monarchen seien dazu auserkoren, den US-Präsidenten „zu besänftigen“, recherchierte die Nachrichtenagentur und erklärte: „Die britische Königsfamilie wird bei Donald Trumps Besuch in Großbritannien nächste Woche ihre unvergleichliche ‚Soft Power‘ unter Beweis stellen und versuchen, den US-Präsidenten zu besänftigen, wie es nur wenige andere können.“ Zu konkreten politischen Themen des Treffens äußerte sich Reuters nicht.

Nachdem die britische Monarchie früher das größte Imperium der Geschichte angeführt habe, bestehe ihre wichtigste Aufgabe aktuell darin, Weltpolitiker wie Trump bei großen Staatsempfängen „zu umschmeicheln“. Damit wolle man erwirken, dass Weltpolitiker „Großbritannien wohlwollend gegenüberstehen“. Gegenüber Reuters äußerte sich der britische Historiker Anthony Seldom zu Trumps Besuch bei den Windsors. Obwohl man die Königsfamilie als antiquiert verspotte, reise der mächtigste Mann der Welt ausgerechnet zu den Monarchen. Seldom sagte dazu im Wortlaut:

„Von vielen als antiquiert und hoffnungslos veraltet verspottet, sind es doch die Königsfamilie und die Monarchie, die die mächtigste Person der Welt anziehen.“

Auch der britische Premierminister Keir Starmer habe sich zuvor im Februar an die Royals gewandt, als er die Zustimmung des US-Präsidenten in Bezug auf den Krieg in der Ukraine und mögliche Handelszölle auf seiner Seite halten wollte, erinnerte Reuters an die unterschätzte Bedeutung der Monarchen.

Dabei sei es zugleich aber die jeweils herrschende britische Regierung, die das Königshaus für ihre Zwecke instrumentalisiere, erläuterte die Nachrichtenagentur anschließend die Machtverhältnisse in Großbritannien: Die britische Regierung habe die Royals auch im Falle der Staatsbesuche des russischen Präsidenten Wladimir Putin und des chinesischen Staatschefs Xi Jinping „zu einer Charmeoffensive eingesetzt“. Insofern sei also damals die ehemalige Königin Elisabeth von der Regierung „eingesetzt“ worden.

Die „Soft Power“ der Royals habe nämlich eine große Anziehungskraft auf ausländische Würdenträger, kommentierte Reuters die Besuche beim angeblich politisch machtlosen britischen Königshaus. Am Ende des Berichts wurde noch einmal der Geschichtswissenschaftler Seldom mit einer irgendwie schwammigen Einordnung zur Macht der britischen Monarchen zitiert: Der Besuch des US-Präsidenten sei „eine Chance für die Monarchie, Großbritannien und der Welt zu zeigen, dass sie noch immer aktiv ist“.

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