Von Rainer Rupp

In einer von geopolitischen Spannungen geprägten Welt sehen amerikanische Vertreter des Kalten-Krieg-Denkens eine neue Machtkonstellation entstehen, die darauf abzielt, die von den USA dominierte globale Ordnung zu untergraben. Teil I untersucht die Entstehung dieser „Achse des Umbruchs“ und ihre ersten Auswirkungen. Teil II analysiert die Dynamiken und Spannungen innerhalb dieser Gruppe sowie ihre strategischen Ambitionen. Teil III skizziert aus Sicht der beiden Foreign Affairs-Autoren Andrea Kendall-Taylor und Richard Fontaine, wie die USA und ihre Verbündeten auf diese Bedrohung reagieren sollten, um die bestehende Weltordnung zu verteidigen.

„Seit Jahren haben China, Russland, Nordkorea und Iran ihre Koordination ausgeweitet mit dem gemeinsamen Ziel, die Vereinigten Staaten und ihre Führungsrolle zu schwächen“, argumentierten die beiden Autoren Kendall-Taylor und Fontaine bereits in einem viel kommentierten Essay im Jahr 2024. Die Konvergenz dieser Länder habe „bereits das Bild der Geopolitik verändert“, schrieben sie. „Ihre kombinierten wirtschaftlichen und militärischen Fähigkeiten ergeben zusammen mit ihrer Entschlossenheit, die Art und Weise zu verändern, wie die Welt seit dem Ende des Kalten Krieges funktioniert, eine gefährliche Mischung.“

Foreign Affairs hat die beiden Autoren kurz wie folgt dargestellt:

ANDREA KENDALL-TAYLOR ist Senior Fellow und Direktorin des Transatlantischen Sicherheitsprogramms am Zentrum für eine neue amerikanische Sicherheit. Von 2015 bis 2018 war sie als Stellvertreterin des National Intelligence Officer für Russland und Eurasien im Nationalen Geheimdienstrat zuständig.

RICHARD FONTAINE ist Chef des Zentrums für eine neue amerikanische Sicherheit. Er hat im US-Außenministerium, im Nationalen Sicherheitsrat und als außenpolitischer Berater des berüchtigten Kriegstreibers und inzwischen verstorbenen US-Senators John McCain gearbeitet.

In dem aktuellen, langen Essay der beiden Autoren in Foreign Affairs warnen sie noch eindringlicher als zuvor vor der neuen geopolitischen Konstellation China, Russland, Iran und Nordkorea, deren informelle Koalition sie als „Axis of Upheaval“ (zu Deutsch: „Achse des Umbruchs“) bezeichnen. Diese Staaten hätten das gemeinsame Ziel, „die Prinzipien, Regeln und Institutionen der bestehenden internationalen Ordnung zu untergraben“, die sie als von den USA dominiert betrachten. Ihre Zusammenarbeit habe bereits international „das Bild der Geopolitik verändert“, und ihre gemeinsamen wirtschaftlichen und militärischen Kapazitäten bildeten eine „gefährliche Mischung“, warnen die Autoren.

Der russische Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 habe diese Kooperation beschleunigt. Die Angriffe in der Ukraine verdeutlichten, dass Russland nicht allein agiert: Die eingesetzten russischen Waffen enthielten Technologie aus China, Raketen aus Nordkorea und Drohnen aus Iran. „Moskau hat mehr als 3.700 iranisch konzipierte Drohnen eingesetzt“, und Russland produziert mittlerweile monatlich mindestens 330 Drohnen selbst (Anm. d. Red.: nach neuesten Angaben sind es bis zu 1.000 täglich), während es mit Iran an Plänen für eine neue Drohnenfabrik arbeitet.

Nordkorea liefere ballistische Raketen und über 2,5 Millionen Schuss Artilleriemunition, während China Russlands wichtigste wirtschaftliche Lebensader geworden ist. Peking hat seine Käufe von russischem Öl und Gas massiv gesteigert und liefert Kriegsmaterial wie Halbleiter, elektronische Geräte und Teile für Kampfflugzeuge. Laut Zollunterlagen nähern sich Russlands Importe von Computerchips trotz westlicher Sanktionen wieder dem Vorkriegsniveau – mehr als die Hälfte stamme aus China, lamentieren die Autoren.

Diese Unterstützung stärke Russlands Position auf dem Schlachtfeld, untergrabe westliche Bemühungen, Russland zu isolieren, und schadeten der Ukraine. Doch die Zusammenarbeit beschränke sich nicht nur auf die Ukraine. Die vier Länder vertieften ihre wirtschaftlichen, militärischen, politischen und technologischen Beziehungen. Sie teilten zunehmend gemeinsame Interessen, stimmen ihre Rhetorik ab und koordinieren ihre militärischen und diplomatischen Aktivitäten. „Ihre Konvergenz schafft eine neue Achse des Umbruchs – eine Entwicklung, die die geopolitische Landschaft grundlegend verändert“, betonen die Autoren.

Die Zusammenarbeit sei nicht neu. China und Russland vertieften ihre Partnerschaft seit dem Ende des Kalten Krieges ‒ ein Trend, der sich nach der „Annexion“ der Krim 2014 durch Russland beschleunigt habe. Zwischen 2013 und 2021 verdoppelte sich Chinas Anteil am russischen Außenhandel von 10 auf 20 Prozent, und Russland lieferte zwischen 2018 und 2022 etwa 83 Prozent der chinesischen Waffenimporte. Russische Technologie habe Chinas militärische Fähigkeiten gestärkt, insbesondere in den Bereichen Luftverteidigung, Anti-Schiff-Waffen und U-Boote.

Auch Iran habe seine Beziehungen zu den anderen Mitgliedern der Achse intensiviert, etwa durch die Zusammenarbeit mit Russland zur Unterstützung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad seit 2011. Nordkorea, das seit Jahrzehnten auf China als Hauptverbündeten angewiesen ist, hat seit den 1980er Jahren Raketen an Iran geliefert und unterstütze möglicherweise iranische Proxy-Gruppen wie die Hisbollah.

Die vier Staaten bildeten keine exklusive Allianz, sondern eine „Sammlung unzufriedener Staaten“, die durch ihren gemeinsamen Wunsch vereint seien, die von den USA geführte Ordnung herauszufordern. Ihre Kooperation verstärkt ihre militärischen Fähigkeiten, schwächt die Wirksamkeit westlicher Sanktionen und behindert die Fähigkeit der USA und ihrer Partner, globale Regeln durchzusetzen. „Wenn diese vier Länder zusammenarbeiten, haben ihre Handlungen eine weitaus größere Wirkung als die Summe ihrer individuellen Anstrengungen“, warnen Kendall-Taylor und Fontaine.

Trotz ihrer Differenzen – etwa der Konkurrenz zwischen China und Russland in Zentralasien oder zwischen Russland und Iran auf den Ölmärkten – bleibe als starkes Bindeglied ihr gemeinsames Ziel, die USA und ihre Führungsrolle zu schwächen. Die Autoren betonen: „In Regionen in Asien, Europa und dem Nahen Osten haben die Ambitionen der Achsenmitglieder bereits destabilisierende Auswirkungen gezeigt.“ Die Bewältigung dieser Herausforderung müsste nun ein zentrales Ziel der US-Außenpolitik sein.

In Teil II werden aus Sicht der US-amerikanischen Kalten Krieger die strategischen Ambitionen und Herausforderungen der „Achse des Umbruchs“ dargestellt, einschließlich deren Bemühungen, westliche Einflussmöglichkeiten wie Sanktionen zu unterlaufen.

Mehr zum ThemaRT-Chefredakteurin Simonjan wirbt im Interview für chinesisch-russische Kooperation

Abbildung des Banners Merch Gegen Oben
Nach oben scrollen