Sie ist die einzige Kandidatin: Annalena Baerbock. Heute wird bei der UN ein neuer Präsident gewählt. Die Kandidatur Baerbocks wird von westeuropäischen Ländern und anderen Staaten unterstützt. Ein Land könnte querschießen.
Baerbock kennt ihren designierten neuen Arbeitsplatz noch als Außenministerin (Archivbild). / Foto: Michael Kappeler/dpa
Nach mehr als drei Jahren als deutsche Außenministerin beginnt Annalena Baerbock ein neues Kapitel in New York. Am Montag (ab 16:00 Uhr MEZ) soll die Grünen-Politikerin zur Präsidentin der UN-Generalversammlung gewählt werden.
Baerbock tritt ohne Gegenkandidaten für die einjährige Spitzenposition des größten UN-Gremiums mit 193 Mitgliedsländern an.
Dieser wird in erster Linie protokollarische Bedeutung beigemessen – sie ist nicht mit der Rolle von UN-Generalsekretär António Guterres zu verwechseln. Die offizielle Amtseinführung wäre am 9. September kurz vor der Generaldebatte der UN-Vollversammlung mit Staatsgästen aus aller Welt.
Hohes Amt hinter den Kulissen
Als Präsidentin würde Baerbock die Sitzungen der Generalversammlung leiten sowie Abläufe und Tagesordnungspunkte festlegen.
Damit könnte die 44-Jährige begrenzten Einfluss auf Entscheidungsprozesse hinter den Kulissen nehmen, zum Beispiel die Wahl des nächsten Generalsekretärs 2026. Dabei dürfte Baerbocks direkter Draht zu Außenministern weltweit – also den Chefs der UN-Botschafter in New York – helfen.
Die politischen Entscheidungen der Vollversammlung haben oft einen eher symbolischen Wert und gelten als weltweites Stimmungsbild. Der 15-köpfige UN-Sicherheitsrat mit den fünf Vetomächten gilt als deutlich mächtiger. Er kann völkerrechtlich bindende Resolutionen erlassen.
Baerbock will diplomatischer auftreten
„Als Präsidentin, sollte ich gewählt werden, werde ich allen 193 Mitgliedstaaten dienen – großen wie kleinen. Als ehrliche Vermittlerin. Und als einende Kraft. Mit offenem Ohr. Und offener Tür“, hatte Baerbock im Mai bei der Vorstellung ihrer Prioritären gesagt.
Sie machte klar, dass sie in der neuen Rolle einen diplomatischeren Ton anschlagen würde als zu ihrer Zeit als deutsche Außenministerin.
Baerbock würde das neue Amt in Zeiten immensen finanziellen Drucks auf die UN beginnen, unter anderem wegen der Kürzungen der USA. Sie hatte angekündigt, Reformen mit vorantreiben und die Ressourcen der Vollversammlung so effizient wie möglich einsetzen zu wollen.
Schwerpunkte ihrer angestrebten Amtszeit sei das Erreichen der UN-Nachhaltigkeitsziele, den Kampf gegen die Klimakrise sowie die Gleichstellung der Geschlechter.
Eine starke politische deutsche Besetzung des Amtes gilt als wichtiger Baustein für die deutsche Kandidatur um einen nichtständigen Sitz im UN-Sicherheitsrat in den Jahren 2027/28.
Wahl ist Formsache – eigentlich
Die Wahl im Plenum vor 193 UN-Mitgliedsländern gilt als Formsache – eigentlich: Normalerweise besiegelt die Vollversammlung Personalien ohne Gegenkandidaten per Akklamation, also im Konsens ohne formelle Wahl.
Nach Angaben des Büros des bisherigen Präsidenten des Gremiums, dem Kameruner Philémon Yang, könnte es auch zu einer geheimen Abstimmung kommen, sofern ein Land das beantragt.
Russland hatte in den vergangenen Wochen kein Hehl daraus gemacht, dass es Baerbock für eine ungeeignete Kandidatin hält und ihr „eklatante Voreingenommenheit“ unterstellt.
Ursprünglich war für das Amt der Präsidentin der UN-Generalversammlung die deutsche Top-Diplomatin Helga Schmid vorgesehen, die auch von Russland akzeptiert war. (dpa/red)
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