Russland will einen internationalen Schlagerwettbewerb als Pendant zum Eurovision Song Contest (ESC) in Russland aufbauen. Der russische Präsident Wladimir Putin hat dazu per Dekret angeordnet, dass der internationale Musikwettbewerb Intervision im Jahr 2025 in Moskau und der Region Moskau stattfinden soll – „für die weitere Entwicklung der internationalen Zusammenarbeit im Bereich Kultur und Humanitäres'“, heißt es im am Montag veröffentlichten Dokument.

Die hohe politische Bedeutung des Projekts für Moskau wird bereits an den ersten Ernennungen in dem Zusammenhang deutlich: So wird Vizeregierungschef Dmitri Tschernyschenko Leiter des Organisationskomitees. Den Vorsitz des Aufsichtsrats beim Wettbewerb übernimmt der Vizechef der Präsidialverwaltung Sergei Kirijenko.

In Russland war der ESC wie auch sonst vielerorts in Europa lange Zeit durchaus beliebt. 2008 hatte mit Dima Bilan ein Vertreter des Landes gewinnen können. Daneben waren noch je vier zweite und dritte Plätze gelungen. Der Ausschluss Russlands von der Teilnahme hat in Russland Diskussionen über die Suche nach alternativen, nicht westlich dominierte Plattformen aufgelöst. 

Den Vorschlag zu einem Konkurrenzwettbewerb machte das russische Kulturministerium schon 2023. Laut Putins Kulturberater Michail Schwydkoi sollen bei der Premiere im Herbst 2025 rund 20 Länder teilnehmen, darunter alle BRICS-Staaten. Thematisiert wurde der Wettbewerb auch bei den politischen Gesprächen zwischen Moskau und Peking. Wie Putin im vergangenen Jahr mitteilte, unterstützten die „chinesischen Freunde“ Russlands Idee der Gründung eines Gesangswettstreits unter dem Namen „Intervision“.

Am 15. Mai 2024 hatte Putin in einem Interview mit der chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua erklärt, dass China Russlands wichtigster Partner beim Projekt Intervision sein und dass der Wettbewerb darauf abzielen wird, „nationale Liedschulen zu vermehren und zu popularisieren“.

Seit Beginn der russischen Militäroperation im Februar 2022 ist Russland zusammen mit Weißrussland von der Teilnahme an der ESC ausgeschlossen. Auch zuvor war in Russland oft Kritik am ESC-Organisationskomitee wegen der Politisierung des Wettbewerbs und des intransparenten Schiedsrichterverfahrens aufgekommen. Mit dem neuen Projekt besteht für Russland eine Chance, eine ernsthafte Alternative zum europäischen Songwettbewerb zu entwickeln.

Zumal die Idee gar nicht so neu ist. Russland knüpft mit dem Projekt an das seit 1965 in den Ländern des damaligen Ostblocks  durchgeführte Intervision-Wettbewerbe an. Sie fanden nicht jährlich statt. Im Jahre 1993 war die Dachorganisation des Wettbewerbs aufgelöst worden. Den ersten Versuch, das alte Projekt wiederaufleben zu lassen, hat Russland im Jahre 2008 unternommen. Der Musikwettbewerb unter dem Titel „Fünf Sterne. Intervision“ fand in Sotschi statt. Künstler aus zehn GUS-Staaten und Lettland nahmen daran teil.

Im Oktober 2009 hatte Putin als Ministerpräsident vorgeschlagen, einen internationalen Gesangswettbewerb ins Leben zu rufen, an dem nicht nur die Länder der ehemaligen Sowjetunion teilnehmen sollten. Er hatte angeregt, diesen Wettbewerb im Rahmen der Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit durchzuführen.

Nun findet der dritte Anlauf statt. Im November 2023 wurde das Intervision-Projekt auf dem Internationalen Kulturforum in St. Petersburg vorgestellt. Am 29. Dezember vergangenen Jahres unterzeichnete der russische Ministerpräsident Michail Mischustin einen Regierungserlass, der 600 Millionen Rubel für den Wettbewerb bereitstellt.

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