Von ELMAR FORSTER

Eine persönliche Auseinandersetzung mit „Leben – Liebe – Tod“ und Auferstehung aus einer zurückgelassenen Zeit des Sterbens… / Im Film „Stadt der Engel“ fragt ein Gottesbote eine (mit sich und ihrer medizinischen Niederlage hadernde) junge Ärztin (sie hat einen Patienten während einer Herz-OP an den Engel verloren, der ihn mitgenommen hat), als beide im Mikroskop menschliche Zellen betrachten: „Wenn das alles sind, diese Zellen… Dann ist nach dem Tod alles zu Ende.

Und fragt auf deren Antwort…:

Na, ja! Ich denke schon!

…beharrlich weiter:

Und warum gibt es immer noch den unsterblichen Mythos vom Paradies?

Die bisherige Agnostikerin hält dann nachdenklich inne:

Bei der Operation ist so etwas passiert: Ich hatte das Gefühl. Es gibt es etwas da draußen, viel mächtiger als alles.

Diese ewige Frage berührt den Menschen nachweislich seit dem Neandertaler (230.000 – 40.000 v. Chr.)

„Alle Kunst entsteht aus der Angst vor dem Tod.“ (H. Hesse)

Menschen bleiben Menschen, sie ändern sich nie: Aus unserer Angst vor dem Tod versuchen wir ihm die Ewigkeit entgegenzuhalten. Schon bei den Neandertalern klingt etwas an, ohne das es sinnlos gewesen wäre, letzte Ruhestätten (ab Marke 3,40) anzulegen. Menschenaffen tun das nicht: Wenn eines ihrer Kinder stirbt, legen sie den Leichnam irgendwann selbstvergessen ab. Kein Tier hat diese Angst vor dem Tod. Und sucht deshalb nicht nach Gott

Was ist der Mensch?

Der Mensch ist nur ein Schilfrohr, das schwächste in der Natur. Aber ein Schilfrohr, das denkt.“ (Pascal)

Der Mensch ist seiner Beschaffenheit nach ein religiöses Tier.“ (Pascal)

„Wir sind solcher Stoff, auf dem Träume entstehen.“ (Shakespeare)

Die erste Kunst: Das Anlegen eines Grabes für die Ewigkeit. Erst danach bemalten wir dunkler Höhlen Wände, schnitzen wollüstige Venusfiguren, und bauten 200 Jahre lang an der Pariser Kathedrale Notre-Dame.

Erst seit ein paar hundert Jahren blicken wir hinter die geheimnisvoll-schemenhaften Fassaden des Seins – und vermuten trotzdem, nach wie vor, als Urgrund: Einen Schöpfer dahinter. So auch Einstein:

Die Quantenmechanik … bringt uns dem Geheimnis des Alten kaum näher. Jedenfalls bin ich überzeugt, dass der nicht würfelt“ (1926).

Am Ende aller physikalischen Erkenntnisse stand dann: Ein…

verlorenes Ich, zersprengt von Stratosphären“ – Alles nur: „Unendlichkeitschimären auf deinem grauen Stein von Notre-Dame„. (Gottfried Benn)

Ist Gott wirklich tot?

Gottfried Benn, einer der sprachmächtigsten deutschen Lyriker, als Post-Nietzsche-aner Hadernder mit dem Nihilismus, hinterfragte einst die christliche Leidens-Bereitschaft:

Alles des Grams, der Gaben früher in unser Blut-: Wenn wir gelitten haben, ist es dann gut?“ („Einst“ – 1934)

Und seine – gut zwanzig Jahre später erreichte nihilistische – Einsicht – war – zunächst – niederschmetternd:

Es gibt nur zwei Dinge: Die Leere und das gezeichnete Ich“ (1953)

Und doch: Auch Benn konnte die Frage des Hollywood-Engels nie wirklich verneinen. Denn er, als  Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, beruflich mit dem Zerfall des Menschen und seiner tiefsten kreatürlichen Vergängnis konfrontiert, war ein Kenner des Todes – auch privat: Fünf Jahre nach dem Tod seiner ersten Frau schieb er 1927 das Gedicht “Aus Fernen – Aus Reichen“, Benn war damals 36 Jahre jung.

Doch selbst Benn, der zeitlebens am Verlust eines transzendenten Weltgefühls litt, konnte nie den Glauben an eine immaterielle, geistige Instanz aufgeben – wenn auch nicht ganz gleichzusetzen mit dem christlichen Gott, aber trotzdem von dieser Vorstellung beeinflusst.

„Aus Fernen – auch Reichen“ (Benn)

Benns Gedicht gehört zum Schönsten, was menschliche Intuition  zu artikulieren imstande ist, in Form einer unheimlichen und klangvoll literarische Ode: Gleich der Anfang des Gedichts beginnt mit einer distanzierten Umschreibung des Todes –  und der Unergründlichkeit dessen:

was dann nach jener Stunde sein wird, wenn dies geschah, weiß niemand, keine Kunde kam je von da

Dann deutet Benn schaurige Zeichen an: eine Schattenhand, Blicke, Klavierspiel – welche aus einen Raum „dahinter“, jenseits des Lebens herüberwehen. Und doch ist auch dieser mystische Raum jenseits der Grenze des dies-seitigen Daseins, welches in den allermeisten Fällen schrecklich zu Ende sich neigt, mit „erstickte(n) Schlünde(n)“ und „gebrochnem Licht“, nicht völlig abgeschottet.

doch sehe ich ein Zeichen: über das Schattenland / aus Fernen, aus Reichen / eine große, schöne Hand, / die wird mich nicht berühren, / das lässt der Raum nicht zu: / doch werde ich sie spüren / und das bist du.

Obzwar der Dichter weiterhin skeptisch gegenüber einer Art klassischer Wiederauferstehung bleibt:

wird es sich neu entzünden, ich meine nicht.

Erlösung durch körperlichen Zusammenbruch

Ab nun freilich bleibt Benn zweideutig. Er beschreibt seine wunderbare Erlösung von irdischer körperlicher Gefangenheit vor einer grandiosen Kulisse, dem Meer:

und du wirst niedergleiten / am Strand, am Meer

Und an diesem Sehnsuchtsort der Unendlichkeit erreicht den Dichter die Kunde aus dem Jenseits:

aus Fernen, aus Weiten: ‚– erlöst auch er‘

Wer erlöst? Gott oder Frau ?

Der Text ist grammatikalisch mit klassischer Textkongruenz nichtt  meh widerspruchlos zu entschlüsseln… Vieles deutet aber auf einen erotischen Hintergrund hin, dass Benn sich nach seiner verstorbenen Frau sehnt, besonders die Umschreibung „Schoß“.

ich kannte deine Blicke / und in des tiefsten Schoß / sammelst du unsere Glücke, / den Traum, das Loos.“

Ein unsterblicher männlicher Mythos jedenfalls:

Benn scheint das Ende des Lebens mit einer sehr kurzen Zeitspanne zu umscheiben – angemessen, angesichts der Unendlichkeit, die nun auf ihn wartet.

„ein Tag ist zu Ende, / die Reifen fortgebracht,/  dann spielen noch zwei Hände / das Lied der Nacht, / vom Zimmer, wo die Tasten /den dunklen Laut verwehn, / sieht man das Meer und die Masten / hoch nach Norden gehn.“

In Gedenken an Miklós Radnóti: Auf Auferstehung muss man immer lange warten – UNSER MITTELEUROPA

Christlicher Licht-Mythos

In kaum mehr zu überbietender sprachlicher Sensibilität folgt dann eine Anleihe am christlichen Mythos des Lichts:

wenn die Nacht wird weichen, / wenn der Tag begann, / trägst du Zeichen, / die niemand deuten kann, / geheime Male / von fernen Stunden krank

Und wieder scheint Benn nicht Gott, sondern seine verstorbene Frau anzusprechen:

und leerst die Schale, / aus der ich vor dir trank.

Gibt es einen göttlichen Plan?

Benn jedenfalls, mit dem Nihilismus, dem Atheismus und dem Agnostizimus zeitlebens hadern… Es war letztlich nicht mehr als Koketterie:

Benns Gedicht jedenfalls transzendiert die Grenzen der menschlichen Vorstellungskraft, und jener – der Sprache. Mit dem Mut zum Vertrauen gegenüber jenem unscharfen Leben nach dem Tode – jenseits der begrenzten Wissenschaft, der Körperlichkeit, des Geistes, indem er unser aller menschlich umschränkte mentalen Fähigkeiten – sprengt.

Und selbst in der grammatikalischen Vertauschung der temporalen Urgenz deutet Benn ein fernes Reich an, in welchem als Zeit-Gefangenheit obsolet werden könnte. Denn in der letzten Strophe scheinen die Tempi in der Syntax…

…“auf einmal seltsam vertauscht: ‚wenn die Nacht wird weichen““- liegt in der Zukunft, steht aber vor der Zeile: ‚wenn der Tag begann‘, was eine unmittelbar darauf folgende Vergangenheit zu sein scheint.“ (Silke Scheuermann, faz)

Insofern also  bleiben diese „fernen Reiche“ ein letztes Geheimnis vor jenem angsterfüllten Übertritt vor unser aller „notgedrungenen Sterbens“ (Scheuermann). Alles, was uns möglich und aufgegeben ist:

Stattdessen Gläubigkeit und Wachheit den Zeichen gegenüber. Das Ende findet in einer Stimmung des Aufbruchs statt, die hoffen lässt. Ist die letzte Grenze überschritten, werden sich dem Menschen die letzten Gründe offenbaren – Benn dichtet hier, als wüsste er darum mit Gewissheit.“ (faz)

Und das gibt Hoffnung – und Sinn – auch gegenüber der christlichen Bedeutung von – Leid und Schmerz.

ORF-Hass-Journalist Wolf verbreitet Anti-Ärzte-Ressentiments

Ungarn an das untergegangene Abendland: „Wenn die Liebenden fallen. Die Liebe fällt nicht.“ (Video)

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Unser Ungarn-Korrespondent Elmar Forster, seit 1992 Auslandsösterreicher in Ungarn, verteidigt in seinem Buch „Ungarn Freiheit und Liebe – Plädoyer für eine verleumdete Nation und ihren Kampf um Wahrheit“  seine Wahlheimat gegen die westlichen Verleumdungskampagnen. Der amazon-Bestseller ist für “UME”-Leser zum Preis von 17,80.- (inklusive Postzustellung und persönlicher Widmung) direkt beim Autor bestellbar unter <ungarn_buch@yahoo.com

 



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