Am gestrigen Donnerstag tagte der Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Atomausstieg. Zu der 14. Sitzung des Ausschusses waren die 2022 verantwortlichen Chefs der AKW-Betreiber-Konzerne als Zeugen geladen. Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck sowie Umweltministerin Steffi Lemke (beide Bündnis90/Grüne) waren bereits im ersten Jahr der „Ampel“-Regierung mit der Energiekrise konfrontiert, die sie im Zuge der antirussischen EU-Sanktionen gegen russisches Gas und Öl, den Verzicht auf die Inbetriebnahme von Nord Stream 2 und eben den Atomausstieg selbst beförderten.

Da damals bereits ein Abschaltdatum für die verbliebenen deutschen Kernkraftwerke vorgesehen war – der 31. Dezember 2022 – , wurde von der Politik und in der Öffentlichkeit über einen sogenannten „Streckbetrieb“ der letzten deutschen AKWs diskutiert. Zu den technischen Möglichkeiten einer solchen Betriebsverlängerung wurden nun die Konzernverantwortlichen im Bundestag befragt.

Wie Guido Knott, Chef der PreussenElektra und zuständig für das Atomkraftwerk Bayern 2, und RWE-Chef Markus Krebber, verantwortlich für das Atomkraftwerk Emsland, bei der Anhörung verdeutlichten, wäre ein solcher Streckbetrieb technisch durchaus machbar gewesen. Damit widersprachen sie den Ministern Habeck und Lemke, die zur damaligen Zeit behaupteten, die Stromkonzerne würden eine Verlängerung der Laufzeit ihrer AKWs ablehnen.

In dem Ausschuss wurde deutlich, dass es prinzipiell keine technischen Schwierigkeiten gegeben hätte und daher möglich gewesen wäre, die Betriebsdauer der Kernkraftwerke zu verlängern. Wie das Portal Apollo News berichtet, habe RWE-Chef Krebber zwar unterstrichen, dass sein Unternehmen nicht gewillt gewesen sei, das finanzielle Risiko eines Streckbetriebs zu tragen und dass kurzfristig womöglich die Beschaffung von Brennstäben Schwierigkeiten hätte verursachen können.

Doch Knott von der PreussenElektra habe davon nichts wissen wollen, da Brennstäbe innerhalb eines Jahres zu beschaffen gewesen wären – allein die Debatte über die Beschaffung habe länger gedauert. Zudem hätten die zuständigen Minister nicht den Kontakt zum Betreiberunternehmen gesucht.

Daher habe man bei der PreussenElektra die Entscheidung für die Abschaltung der letzten Atomkraftwerke für „politisch motiviert“ und „erwartbar“ gehalten. Allerdings wurden die Stromkonzerne davon überrascht, dass die Politik falsche Behauptungen verbreitete:

„Unerwartet ist, dass es technische Falschbehauptungen gab oder es am Unwillen der Betreiber gelegen haben soll.“

Knott erklärte im Untersuchungsausschuss, dass er bereits im Februar 2022, als sich die Energiekrise abzeichnete, den Weiterbetrieb des Kernkraftwerks Bayern 2 angeboten habe. Auch unter Sicherheitsgesichtspunkten sei es unproblematisch gewesen, die AKWs über den Jahreswechsel 2022/23 hinaus weiterzubetreiben.

Ein pikantes Detail: Obwohl Knott bereits frühzeitig Gespräche angeboten habe, habe Minister Habeck darauf nicht reagiert, sondern sich direkt an den Konzernchef von E.On, Leonhard Birnbaum, gewandt. PreussenElektra gehört zu E.On. Und Birnbaum habe gegenüber Habeck einen möglichen Streckbetrieb abgelehnt.

Auch RWE-Chef Krebber unterstrich, technisch sei eine Betriebsverlängerung möglich gewesen: „Grundsätzlich galt und gilt: Technisch ist fast alles machbar.“ Allerdings war sein Unternehmen nicht bereit, das wirtschaftliche Risiko des Weiterbetriebs zu tragen, da die Politik grundsätzlich den Atomausstieg beschlossen hatte. Krebber dazu: „Es fehlte uns das Vertrauen, dass das politisch stabil ist.“ RWE wäre unter der Voraussetzung, dass der Staat die Kosten übernimmt, zu einem Weiterbetrieb bereit gewesen:

„Wenn das gemacht werden soll, dann machen wir das, aber wir wollen das politische Risiko nicht übernehmen.“

Erst als im Sommer 2022 sich die Energiekrise verschärfte – Sanktionen gegen Nord Stream 1 und andauernde Wartungsarbeiten in den französischen Kernkraftwerken – hätten Habeck und Lemke ihre Meinung zum Streckbetrieb der deutschen AKWs geändert. Wirtschaftsminister Habeck wandte sich in seiner Not sogar in einem persönlich gehaltenen Bittbrief an seine französische Amtskollegin, der von seinem Ministerium als Geheimsache behandelt wurde (RT DE berichtete).

Wie die Befragung der Konzernchefs ergeben hat, scheint sich das zu bestätigen, was sich bereits 2022 im Zuge der Debatten über die Abschaltung der Kernkraftwerke abzeichnete: Die Minister Habeck und Lemke haben offensichtlich keineswegs ergebnisoffen eine Laufzeitverlängerung der deutschen AKWs geprüft. Die politische Entscheidung, die Atomkraftwerke abzuschalten, stand von vornherein fest. Der Streckbetrieb endete dann im April 2023.

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