Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck gerät in der Debatte um die Abschaltung der letzten drei deutschen Atomkraftwerke unter Druck. Grund dafür sind interne Unterlagen, in die das Springerblatt Bild Einblick nehmen konnte. Sie nähren Zweifel daran, dass die Prüfung des Weiterbetriebs im Jahr 2022 tatsächlich, wie vom Minister behauptet, ergebnisoffen durchgeführt wurde.

Die Unterlagen – es handelt sich um Schriftstücke im Umfang von insgesamt etwa 120.000 Seiten – sollen in den kommenden Wochen vom Atom-Untersuchungsausschuss des Bundestags untersucht werden. Dieser soll klären, ob Habeck den Weiterbetrieb der Atomkraftwerke tatsächlich ergebnisoffen geprüft hat. 

Besonders belastend für den Kinderbuchautor ist laut Bild eine interne Mail vom 1. März 2022. Die Mail an Volker Oschmann, Abteilungsleiter Energie im Ministerium, trägt den Betreff „Anforderung M [M für Minister, d. Red.]: Vermerk Kernenergie“. Die Absenderin, eine Referentin, forderte darin eine „energiewirtschaftliche und -politische Bewertung des Weiterlaufens der AKW“ – und übermittelte eine Forderung des später zurückgetretenen einflussreichen Staatssekretärs Patrick Graichen:

„Das Ministerbüro und ST Gr [Staatssekretär Graichen, d. Red.] bitten Euch den Vermerk zur Kernenergie in die Hand zu nehmen. BMUV [das Bundesumweltministerium] schreibt etwas auf, was wir dann integrieren müssen.

Kern unseres Vermerks muss eine energiewirtschaftliche und -politische Bewertung des Weiterlaufens der AKW sein. Patrick bittet insbesondere darum, darzustellen, wie wir auch ohne die drei in Rede stehenden Atomkraftwerke die Versorgungssicherheit sichern können.“

Laut einem Bericht der FAZ hatten die Experten im Wirtschaftsministerium eine Verlängerung der Laufzeit für sinnvoll befunden. Die Formulierung in der nun bekannt gewordenen Mail deutet darauf hin, dass die Entscheidung Abschaltung nicht aufgrund fachlicher Kriterien erfolgte, sondern politisch vorgegeben wurde. Nur wenige, Tage bevor diese geschrieben wurde, am 27. Februar 2022, hatte Habeck im „Bericht aus Berlin“ der ARD noch eine „ergebnisoffene Prüfung“ des Weiterbetriebs der Atomkraftwerke versprochen. 

Konfrontiert mit der Mail wies der Minister jede Schuld von sich – und belastete seinen früheren Vertrauten Graichen. Ein Sprecher Habecks betonte, dass die Prüfung wirklich ergebnisoffen gewesen sei. Weiter erklärte er:

„Die Mail und die dort zitierte Formulierung stammt nicht aus dem Ministerbüro, sie stammt aus dem Büro von Staatssekretär Graichen.“

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